Riss des vorderen Kreuzbandes

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Anatomy of the knee vector illustration (for basic medical education for clinics & Schools)

Das Knie ist das am häufigsten betroffene Gelenk, wenn es um schwerere Sportverletzungen geht. Es handelt sich hierbei um ein sehr kompliziertes Gelenk mit vielen Band und Knorpelstrukturen. Durch den aufrechten Gang und vor allem Sport, muss das Knie extremen Belastungen standhalten. In diesem Artikel wollen wir speziell auf den Kreuzbandriss eingehen und zwar auf den Riss des vorderen Kreuzbandes, denn dieses ist etwa 15 mal so häufig betroffen, wie das hintere Kreuzband. Wichtig für alles was Sie jetzt lesen: Dieser Artikel stellt nur eine zusätzliche zusammengefasste Information dar, gehen Sie, wenn Sie Beschwerden haben dringend zu Arzt.

Ist mein Kreuzband gerissen?

Nun ist es passiert. Sie haben Fußball gespielt, sind Ski gefahren oder haben einfach nur einen starken Fehltritt beim Joggen gemacht, sind Knie Kreuzbandausgerutscht und haben sich Ihr Knie verdreht oder ihr Knie hat zur Seite nachgegeben. Der erste Schritt ist natürlich immer die Diagnose. Im ersten Schritt sollten Sie sich von Ihrem Hausarzt zum Orthopäden überweisen lassen. Auch wenn keiner die Qualifikation Ihres Hausarztes anzweifelt, beim Thema Knie sind Fachärzte gefragt. Ihr Orthopäde wird dann Ihr Knie in einer ersten Untersuchung auf Stabilität prüfen.  Dafür wird er wahrscheinlich den sogenannten „Lachmann Test“ durchführen. Dabei wird Ihr Knie auf etwa 30° angewinkelt und der Unterschenkel wird nach vorn gezogen. Nun beurteilt der Arzt wie groß die „Schubladenwirkung“ ist, also wie weit sich der Unterschenkel sich vom Oberschenkel weg bewegen lässt. In der Regel sind 0-1,5 mm normal, wenn der Wert deutlich darüber liegt liegt der Verdacht auf einen Kreuzbandriss schon sehr nahe. Ein weiterer Test ist der sogenannte „Pivot Shift“ Test. Hier überprüft der Arzt die Rotationsstabilität des Knies. Oft wird diese Untersuchung, vor allem kurz nach der Verletzung als sehr schmerzhaft empfunden und deshalb unterlassen.

In nächster Instanz wird Ihr Orthopäde Sie im Normalfall zur MRT schicken. Bei dieser magnetfeldunterstützten Untersuchung können, im Gegensatz zum Röntgen, Weichteile, wie die Kreuzbänder abgebildet werden. Einige Ärzte führen auch eine Arthroskopie(Untersuchung als OP mittels einer Stabkamera) zur Diagnose durch. Wir raten aber davon ab, die Arthroskopie rein zur Diagnose durchführen zu lassen. Bedenken Sie, jeder Eingriff belastet Ihr Gelenk zusätzlich. Sollte Ihr Arzt eine Diagnose Arthroskopie durchführen wollen, fragen Sie, warum genau er dies tun möchte und ob dies notwendig ist. Denn im Normalfall kann man das Ausmaß der Ruptur und eventuelle Begleitschäden an Menisken, Knorpel usw. auch sehr gut auf dem MRT Bild erkennen.

Die Operation oder doch nicht?

Ist die Diagnose positiv ausgefallen wird in den meisten Fällen operiert. Wollen Sie weiterhin Stop and Go Sportarten betreiben und Ihrem Knie auch in Zukunft wieder voll vertrauen können, führt im Normalfall kein weg an einer Operation vorbei. Bedenken Sie, gerade wenn Sie später älter werden und die Muskeln schwächer werden, kann das Kniegelenk wieder instabil werden, auch im Alltag. Es ist allerdings möglich, mit entsprechender Physiotherapie, die Operation über Jahre oder teilweise Jahrzehnte auf zu schieben, wenn denn keine knie belastenden Sportarten betrieben werden.

Haben Sie sich für die OP entschieden, haben Sie häufig die Wahl, mit welcher körpereigenen Sehne Ihr Kreuzband ersetzt werden soll. Kunstsehnen kommen heute nicht mehr zum Einsatz, da Sie nicht die Qualität der Körpereignen Sehnen entsprechen.

1. Semitendinosus Sehne+ evtl. Gracillis Sehne

Die Semitendinosus Sehne ist die am häufigsten verwendete Sehne. Heute wird Sie gerne mit der Gracilis sehne kombiniert und verflochten und gewährleistet so maximal Stabilität. Beide Sehnen werden Ihrem Oberschenkel entnommen. Sie werden, außer einer manchmal auftretenden Schwäche beim aufstehen aus der Hocke, die aber abtrainierbar ist, und einige Wochen des Gefühls eines Muskelkaters bzw. einer leichten Zerrung im Normalfall keine Probleme an der Entnahmestelle haben.

2. Die Patella Sehne

Das ist die Sehne die über die Kniescheibe läuft. Diese Sehne ist stabiler als die Semitendinosus Sehne allein, aber nicht so stabil wie die Semitendinosus und Gracillis Kombination. Da die Patella Sehne noch benötigt wird, wird nur ein Stück aus deren Mitte mit 2 kleinen Knochenblöcken entnommen und die Sehne wieder verbunden. Vorteil der Knochenblöcke ist eine schnellere feste Einheilung und Versorgung des neuen Kreuzbandes. Die meisten Patienten haben jedoch dauerhaft Probleme an der Entnahmestelle, vor allem beim Knien.

3: Andere Sehnen, z.B. Quadrizepssehne oder Spendersehnen

Diese kommen nur bei mehrfachen Rerupturen zum Einsatz, werden aber ähnlich verarbeitet wie die Semitendinosus Sehne.

Egal für welche Sehne Sie sich entscheiden, die Implantate werden heutzutage mit selbst auflösenden Schrauben aus einer Milchsäureverbindung verankert, eine erneute OP zum Entfernen der Schrauben ist deshalb nicht nötig. Eventuelle Begleitverletzungen werden in der Regel sofort mit behandelt, sodass alles in einer Operation erledigt wird. Die Operation sollte erst stattfinden, wenn das Knie komplett abgeschwollen und so beweglich wie möglich ist und eventuelle dauerhafte Bewegungseinschränkungen zu vermeiden.

Nach der OP kommt die Rehabilitation

Meistens sind Sie in den ersten Tagen nach Operation schlechter als direkt nach der Verletzung. Das wird sich aber recht schnell bessern. In der Regel werden Sie 1,5-2 Wochen an Gehhilfen gehen und 4 Wochen eine Orthese zum Schutz des neuen Bandes tragen. Das Knie sollte von Anfang an viel bewegt werden, halten Sie sich dabei an die Angaben Ihres Operateurs. Während Sie das Bein nicht belasten dürfen ist unter Umständen eine elektrische Muskelstimulation sinnvoll um den Muskelabbau etwas zu reduzieren. Besonders wichtig ist die anschließende Physiotherapie. Bei der Verletzung und der OP wurden viele Sensoren zerstört, die für die Koordination zuständig sind. Durch entsprechendes Training, z.B. auf instabilen Untergründen, müssen die übrigen Sensoren lernen , die Aufgaben der fehlenden zu übernehmen. Auch ist, sobald wie voll belasten dürfen ein kontrolliertes Krafttraining angebracht, damit Sie Ihre Muskelmasse und Kraft wieder dem anderen Bein angleichen. Damit so eine Verletzung nicht noch einmal passiert sollten Sie das Kraft und Koordinationstraining zum Bestandteil Ihres sportlichen Trainings machen. Bevorzugen Sie zu Beginn Übungen in geschlossenen Ketten, wie z.B. die Beinpresse oder Kniebeugen. Übungen offener Kette, wie z.b. den Beinstecker sollten Sie mit Vorsicht genießen.

Wichtig ist: Passive Strukturen wie Bänder werden durch Belastung versorgt. Belasten Sie Ihr neues Band nicht, verzögern Sie die Heilung, überlasten Sie es, kann es zu einer Reruptur oder vor allem zu Beginn zu einem auslockern kommen.  Sie sollten also das richtige Maß finden und die Belastung nur langsam steigern.

Wann bin ich wieder fit?

Die vollständige Einheilung der Sehne ist in der Regel nach 3 Monaten abgeschlossen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie dann wieder voll belastbar sind. Nach 3-4 Monaten beginnt die Umwandlung der Sehne in ein Band. Das Band wird von nun an mit Gefäßen durchzogen, dieser Prozess schwächt das Band, solange er noch nicht abgeschlossen ist.

Eine Pauschalantwort, wann Sie wieder voll Sport machen können, kann man nicht geben. Das ist von Patient zu Patient unterschiedlich.

Leistungssportler sind in der Regel nach 6-7 Monaten wieder im Wettkampftraining. Der Normale Hobbysportler sollte sich für Fußballspielen doch lieber mindestens 9 Monate Zeit lassen. Normaler Laufsport in kleinem Umfang ist normalerweise schon nach 3-4 Monaten möglich, Schwimmen, ausgenommen Bruststil, nach ca. 1 Monat.

 

 

 

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