FOAM-Rolling erhöht den ROM: Wirkungen abseits der Faszien

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Dies ist der Artikel Nr. 5 des Sport-Attack Faszienspecials. Alle Artikel des Specials:

Die FOAM-Roll ist ein Tool für sogenanntes Self-Myofascial-Release und wird heute im Breiten- und Leistungssport mit den unterschiedlichsten Zielen eingesetzt. Es soll die Beweglichkeit steigern, Erholung verbessern und Schmerzen reduzieren. Dabei ist das Ziel in erster Linie das Lösen von faszialen Verklebungen. Dieser Artikel soll ein paar Ideen in den Raum werfen, welche Wirkungen FOAM-Rolling noch haben könnte und zeigen, dass Veränderungen – besonders akute – sich nicht immer auf Beeinflussung der Faszienstruktur zurück führen lassen. Besonders interessant ist die Anlehnung dieser Betrachtung an unsere Beweglichkeit. Den mit dem ROM(Range of Motion) eines Gelenks, lässt sich ein Maß für eine Bewegung finden, die von vielen Faktoren beeinflusst werden kann. Außerdem wurde im vorangehenden Artikel erkannt, dass die Anwendung von FOAM-Rolling scheinbar akut und chronisch eine Wirkung auf den ROM haben kann.

Mehr ROM wegen Warmup-Effekt?

Wenn man davon ausgeht, dass nun eine tatsächliche physiologische Wirkung für alle potentiellen Nutzergruppen verschiedener Ausgangswerte existiert, stellt sich die Frage, aufgrund welcher physiologischen Eigenschaft diese entsteht. Zuerst einmal stellt die Durchführung der FOAM-Rolling Intervention natürlich eine körperliche Aktivität dar. Man könnte daher annehmen, dass ein Aufwärmeffekt für den Anstieg des ROM verantwortlich sei. Cornelius und Hands (1992)[1] untersuchten jedoch 54 Frauen auf die akuten Wirkungen eines Warmups ohne Dehnübungen auf die Beweglichkeit des Hüftgelenks. Dabei wurden die Probanden zufällig in Cycling, Whirlpool und Kontrollgruppe (ohne Warmup) eingeteilt. Es ließen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen feststellen. Zum gleichen Ergebnis kamen auch Duncan und Woodfield (2006)[2] bei dem Vergleich statischer, dynamischer und nicht aufgewärmter Gruppen von Kindern – es ließen sich keine signifikanten Änderungen im Sit-and-Reach-Test feststellen.  Daraus lässt sich schließen, dass Aufwärmen allein durch allgemeine körperliche Aktivität (ohne spezifische Bewegungen über große ROM) keine direkte Erhöhung des ROM in der Hüfte erzeugt. Übertragen auf eine Intervention mit dem FOAM-Roller lässt dies annehmen, dass der Effekt durch Aufwärmen nicht ausschlaggebend für eine Erhöhung des ROM ist.

Exakte physiologische Ursache ist unklar und wahrscheinlich eine Mischung mehrere Effekte – Faszien als Ursache chronisch wahrscheinlicher als akut

Bei der Suche nach weiteren möglichen Ursachen für eine Erhöhung des ROM ist festzustellen, dass sich nicht genau festmachen lässt, was die exakte physiologische Ursache für die Wirkung von SMR ist und ob die Ursache tatsächlich in der Struktur der Faszien liegt, muskulär (eventuelle lokale Dehnung der Titin-Filamente[3] und Muskelspindeln durch direkten Druck), neuronal (Bedingt durch Druckstimulation. Einige Therapieverfahren, wie z.B. die Golgi Schmerztherapie[4] nutzen Druckstimulation zur Schmerzbehandlung. Eventuell sorgt der Druck der FOAM-Roll ebenfalls für reduziertes Schmerzempfinden.) oder sogar metabolisch bedingt ist. Okamoto et al. (2014)[5] stellten z.B. fest, dass FOAM-Rolling den Stickoxidgehalt im Blutplasma erhöht, was dazu führt, dass die Steifheit der arteriellen Blutgefäße sinkt. Ebenso könnten sich die Effekte einer normalen Massage eventuell ebenfalls auf den erreichbaren ROM auswirken. Gerade bei Massagetechniken ist die Wirkung aber nicht allein durch Faszien bedingt. Verbesserung der venösen Entleerung, Freisetzen von Entzündungsmediatoren, Serotonin- / Endorphinausschüttung und Stimulation der Druckrezeptoren sind mit verantwortlich für die Gesamtwirkung einer Behandlung. Gerade bei der Betrachtung der akuten Wirkung ist ein Festlegen auf eine Art der physiologischen Wirkung schwierig und wahrscheinlich auch nicht sinnvoll. Dass die akuten Wirkungen, zumindest nicht im gesamten Ausmaß, nur durch Änderungen in der Faszienstruktur bedingt sind, legen auch Young et al. (2017)[6] nahe. Sie untersuchten die Wirkung einer dreimal 60 Sekunden langen SMR Anwendung der Fußsohle auf die Beweglichkeit im Sit-and-Reach-Test, die nach dem gleichen Verfahren, wie in dieser Arbeit gemessen wurde. Dabei konnten sie keinerlei Verbesserung der Rumpfbeugefähigkeit, weder direkt, noch 10 Minuten nach der Intervention feststellen. Das zeigt auf, dass sich die Wirkungen der SMR Anwendung akut eher lokal zeigen, die Netzwerkstrukur der Faszien hier also nicht zum Tragen kommt. Unter Betrachtung der chronischen Wirkungen liegt die Annahme einer Wirkung auf das Fasziensystem aber nahe, vor allem dann, wenn ansonsten keine anderen ROM steigernden Übungen, wie z.B. verschiedene Dehnmethoden durchgeführt wurden.

[1] Cornelius, W. & Hands, M. (1992). The effects of a warm-up on acute hip joint flexibility using a modified PNF stretching technique. Journal of Athletic Training, 27-1992, 112ff.

[2] Duncan, M. & Woodfield, l. (2006). Acute effects of warm up protocol on flexibility and vertical jump in children. Journal of Exercise Physiology, 9-2006, 9-16.

[3] Klee, A. (2003). Methoden und Wirkungen des Dehnungstrainings, 7-14. Schorndorf: Hofmann.

[4]SanTerris GmbH. Golgi Schmerztherapie. Zugriff am 03.07.17  unter  http://www.golgi.eu/tl_files/golgi/PDF/2016-01-Golgi-Therapeutenprospekt_druck-k.pdf

[5] Okamoto, T., Masuhara, M. & Ikuta, K. (2014). Acute effects of Self-Myofascial Release using a Foam Roller on arterial function. Journal of Strenght and Conditioning Research, 01-2014, 69-73.

[6] Young, J. et al. (2017). Unilateral rolling of the foot did not affect nonlocal range of motion or balance. Journal of Sports Science and Medicine. 16, 209-218.

 

 

 

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