Was ist eine Muskelverkürzung-Oder gibt es die gar nicht?

image_pdfimage_print

Jeder kennt das und jeder spricht darüber: Die verkürzte Muskulatur. Gerade Fußballer klagen gerne über verkürzte Muskeln auf der Oberschenkelrückseite oder sprechen sogar von zu kurzen Sehnen und Bändern. Doch was steckt tatsächlich hinter diesen scheinbaren „Verkürzungen“?

Wirklich verkürzt?

Ein Muskel, der nicht über den ganzen Radius bewegt wird oder allgemein untrainiert ist, ist normalerweise trotzdem nicht zwangsweise zu kurz. Zumindest nicht in dem ausgeprägten Maße. Die Länge des Muskels ist zuerst einmal genetisch bestimmt und reicht üblicherweise aus, um den Muskel über das gesamte Potential des Gelenks zu bewegen. Die Sehnen und Bänder verkürzen nicht einfach so. Sie verlieren ohne entsprechendes Training an Belastbarkeit, aber sie werden nicht einfach kürzer. Die Vorgabe des passiven Bewegungsapparates bleibt erhalten.

Zwei Dinge werden fälschlicherweise oft als Verkürzung interpretiert:

1: Unbeweglichkeit

Die Rumpfbeuge klappt nicht mehr, die Beine kommen nicht in die Grätsche. Da müssen wohl unsere Muskeln zu kurz geworden sein. Das ist aber normalerweise nicht so. Wie im Artikel Dehnen und Streching beschrieben, hängt unsere Beweglichkeit in erster Linie davon ab, welche Toleranz in der Bewegung wir unseren Muskelspindeln antrainiert haben. Sind wir die Bewegung nicht gewohnt, setzt einfach der Schutzreflex unserer Muskulatur früher ein, als er sollte. Das ist jedoch keine Verkürzung der Muskulatur im eigentlichen Sinne.

2: muskuläre Dysbalancen

Wird ein Muskel trainiert und stellen sich die ersten Erfolge ein, erhöht sich im Normalfall auch dessen Kraftpotential und Ruhespannung. Ist jetzt ein Agonist ungleich stärker als sein Antagonist, entsteht durch diese Differenz in der Ruhespannung eine Fehlhaltung. Von außen betrachtet wirkt jetzt der Agonist scheinbar verkürzt. Das Problem lässt sich aber in diesem Fall lösen, indem man den Antagonisten soweit auftrainiert, dass dieser das selbe Potential an Ruhespannung entwickelt.

Dehnen ist in einem solchen Fall nicht immer hilfreich, denn es senkt zwar den momentanen Muskeltonus und erhöht die allgemeine Beweglichkeit, es sorgt aber nicht dafür, dass sich die Ruhespannung eines Muskels dauerhaft verändert.

 

Dieser stellt nur einen kurzen Einblick dar. Lesen Sie deshalb auch das Beweglichkeits Special:

Alles Wichtige zum Thema Beweglichkeit

(6645)

Other Articles
Der Athletik Trainingsplan für MMA Kampfsport und Co.
German Volume Training G.V.T
"No Pain? - No Gain!" - was ist dran?
 

Post Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 

Hallo Maik, danke für deine Antwort, obwohl du mir meine Frage leider nicht beantwortet hast auf welche Quellen du dich beziehst.
Dein Zusatz, dass Dehnen (vor allem z.B. postisometrisches Dehnen) und exzentrisches Krafttraining vom Spannungsverlauf her sehr ähnlich sein sollen, sehe ich nicht so. Beim Dehnen verfolgt man die Absicht den passiven Muskel auseinander zu ziehen. Bei der von dir genannten Variante versucht man ja gerade die ‚postisometrische Kontraktion‘ vorzuschalten, um anschliessend den vermeintlich passiven Muskel noch weiter auseinander zu ziehen. Beim exzentrischen Krafttraining ist der Muskel aktiviert. Dass es beim ‚Dehnen‘ zu einer Aktivierung der Muskulatur kommen kann, sehe ich auch so, aber es ist meiner Meinung nach nicht das Ziel des Dehnenden. Liebe Grüsse, Tom

    Gib mir am besten mal ein wenig Zeit, ich möchte meine Ansicht zum Beweglichkeitstraining etwas genauer hier auf der Seite präsentieren… Der sollte die entsprechende Antwort geben. Dieser Artikel ist auch nicht mehr ganz aktuell… Bzw. es fehlt einiges, was noch wichtig für die Beweglichkeit ist… Ich denke, wenn die geplante Artikelserie fertig ist, werde ich ihn rausnehmen. Verfolge doch am besten die Artikelserie, die ich jetzt bald nach und nach veröffentlichen werde.
    Nichtsdestotrotz bleibe ich der Meinung, das Dehnen richtig angewendet äußerst sinnvoll sein kann. Es darf aber nicht das einzige Beweglichkeitstraining darstellen. Ich interpretiere die Auszüge aus den Studien ein wenig anders… Ich finde das muss man differenzierter betrachten- ich ziehe daraus auf jeden Fall ein anderes Fazit. Wie gesagt, das möchte ich mir gerne für meine Artikel aufheben.

Hallo Maik, ich bin betreffend serieller Sarkomeraddition bzw. Subtraktion anderer Meinung. Ich würde gerne wissen auf welche Studien du dich beziehst, welche beweisen dass keine Veränderung der Anzahl Sarkomere in Serie möglich ist. Ich glaube das ist möglich und im folgenden Artikel nenne ich 12 Studien die dies meiner Meinung nach bestätigen: http://swiss-functional-training.ch/?p=1118#more-1118

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Liebe Grüsse, Tom

    Vielen Dank für die Seite mit dem Hinweis auf die Studien… Ich werde mich damit einmal genauer auseinander setzen… Nach dem ersten Lesen sehe ich auch jeden Fall zusammenhänge, kann aber schon einmal sagen, dass mein Fazit ziemlich sicher anders aussehen wird. Am positivsten Fallen die Effekte des exzentrischen Krafttrainings gesprochen. Im gleichen Atemzug aber der Sinn des Dehnens in Frage gestellt. Vom Spannungsverlauf sind sich Dehnen (vor allem z.B. postisometrisches Dehnen) und exzentrisches Krafttraining doch sehr ähnlich….
    Aber ich denke, ich werde auf jeden Fall in einem weiteren Artikel darauf genauer eingehen.

die Biokinematik ist da anderer Auffassung. Man kann und sollte sogar die Muskeln auf Länge (seriell) trainieren, weil durch falsches und einseitiges Training eine Verkürzung stattfindet. Natürlich auch weil viele von uns sich kaum bewegen. Deshalb auch die ganzen Probleme im Sehnenansatzbereich (Tennisarm und Co.)
Der Muskel ist nur so stark wie sein schwächstes Glied und sollte auf Länge trainiert werden.

    Das stimmt schon… Das Längenpotential ändert sich aber trotzdem nicht. Man sollte eben unter einer Verkürzung nicht verstehen, dass der Muskel selbst kürzer ist, sondern dass seine Funktion verkürzt ist. Darum geht es in dem Artikel.

      danke für ihr Kommentar. Haben dann alle „Leute“ (biokinematik…) unrecht weil es nicht möglich ist den Muskel seriell sondern nur parallel zu verändern/vergrößern?
      Welche Übung empfehlen Sie beim Tennisarm?

      danke für ihr Kommentar. Haben dann alle „Leute“ (biokinematik…) unrecht weil es nicht möglich ist den Muskel seriell sondern nur parallel zu verändern/vergrößern?
      Welche Übung empfehlen Sie beim Tennisarm?

        Könnten Sie das etwas genauer erläutern? Ich würde dann gerne in einem weiteren Artikel darauf eingehen…