Fitness Mythen für Fortgeschrittene

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Fitness Mythen gibt es ja so einige. Dieser Artikel soll sich jedoch besonders mit scheinbar aufgeklärten Mythen beschäftigen. Im Prinzip geht es an vielen Stellen um Mythen, die aus den Mythen entstanden sind. Irgendjemand hat also irgendeinen Unsinn über das Fitness- und Krafttraining verbreitet, das wurde erkannt und scheinbar sinnvoll verbessert. Leider kommt dabei oftmals genau so ein Unsinn heraus, wie bei der ursprünglichen Version. Die Welt ist halt nicht nur schwarz und weiß – Deshalb Kopf anstrengen und einen Blick auf die Fitnessmythen für Fortgeschrittene werfen.

# 1 Kniebeugen müssen maximal tief ausgeführt werden

Dieser Mythos entstand aus dem Ursprungsmythos „Kniebeugen sollten nicht tiefer als 90° durchgeführt werden!“.  Letzten Endes ist weder das eine, noch das andere richtig. Fakt ist zuerst einmal, dass Sie mit gesunden Gelenken jede Menge Bewegungsradius und damit Effektivität verschenken, wenn Sie Kniebeugen nur bis 90° oder weniger ausführen. Zudem entsteht bei einem 90° Winkel das höchste Drehmoment im Kniegelenk, sodass gerade diese 90° als Umkehrpunkt nicht wirklich optimal sind. Das Kniegelenk ist jedoch kein einfaches Scharnier. Eine besondere Rolle spielt unsere Kniescheibe und die dazugehörige Patellasehne. Der Anpressdruck der Kniescheibe variiert mit dem Winkel das Kniegelenks. Je spitzer, desto höher der Anpressdruck. Das kann ein Grund sein, bei bestimmten Personen einen geringeren Winkel zu wählen. Zwar verändert sich mit zunehmender Tiefe auch die Fläche auf die der Druck wirkt, die Dehnspannung des Quadrizeps steigt jedoch, sofern die Spannung gehalten wird.

Unabhängig vom Kniewinkel ist die Beweglichkeit in der Hüfte ein entscheidender Faktor für die Ausführung der Kniebeuge. „Ass to Grass“ -also maximal tief – zu beugen erfordert ein hohes Maß an Hüftbeweglichkeit, aber auch Beweglichkeit in den Fußgelenken. Sobald Sie beginnen in der Lendenwirbelsäule einzurunden, haben Sie zu tief gebeugt. Die Fähigkeit die LWS zu stabilisieren verbessert sich mit der Zeit und Übung. Lassen Sie sich bei der Übung öfter beobachten, um den genauen Punkt zu ermitteln, an dem Sie beginnen einzurunden. Das lässt sich alleine kaum spüren.

Dass Sie zu unbeweglich im Fußgelenk sind, merken Sie, wenn Sie die Kniebeuge deutlich besser ausführen können, wenn Sie die Fersen, z.B. durch ein kleines Brett leicht erhöhen.

 

# 2 No Stretch- kein Dehnen vor oder nach dem Training

Über das Thema Dehnen gibt es unglaublich viele Ansichten. Lange Zeit ging man davon aus, dass Dehnen vor dem Sport unerlässlich zum Aufwärmen sei. Als man dann feststellte, dass der Muskeltonus durch statisches Dehnen vorm Training so gesenkt wird, dass die Verletzungsanfälligkeit steigen kann und die Schnellkraft sinkt, entwickelte sich daraus eine ganze „No Stretch“- Bewegung. Nur funktionelles Krafttraining über große Bewegungsradien – vor allem exzentrisches Krafttraining – soll ausreichen um seine Beweglichkeit zu verbessern.

Zuerst einmal: Stimmt, funktionelles und vor allem exzentrisches Krafttraining über große Bewegungsradien beeinflusst die Beweglichkeit erheblich und ist somit ein unerlässlicher Faktor für ein effektives Beweglichkeitstraining.

Dennoch hat jede Form des Dehnens ihre eigene Daseinsberechtigung. Ein paar Beispiele:

  • Statisches Dehnen nach dem Sport: Nicht zu intensiv ausgeführt sinkt der Muskeltonus und Sie erholen sich schneller
  • Statisches Dehnen als isolierte Einheit: Erhöht Ihre passive Beweglichkeit. Diese wird in vielen Sportarten benötigt, die mit Schwung über sehr große Bewegungsradien arbeiten. (z.B. Kampfsport)
  • Dynamisches Dehnen vorm Sport: Erhöht dem Muskeltonus, bereitet für erhöhte Belastung vor.
  • Statisches Dehnen vorm Sport: Erhöht die Schwingweite. Nützlich, wenn z.B. im Kampfsport beim High-Kick sonst das Standbein wegrutscht.

Das Thema insgesamt ist sehr komplex, sodass man überhaupt keine generaliserte Aussage zu dem Thema machen kann. Welche Art von Beweglichkeitstraining Sie brauchen hängt von den Anforderungen Ihrer Sportart und Ihrer ganz individuellen Response-Matrix ab.

#3 HIIT ist die Lösung für perfekte Ausdauer und Fettverbrennung

HIIT steht für High Intensity Intervall Training. Besonders bekannt sind die sogenannten Tabata-Intervalle. Oftmals werden diese schon falsch verstanden und ein kurzes 5-Minuten Workout mit mittelschweren Übungen im 20 Sek. on/10 Sek. off Modus als Tabata Intervall verkauft. Hier finden Sie im Video, wie richtige Tabata-Intervalle funktionieren., bzw. hier können Sie das direkt ausprobieren.

Um nicht zu weit abzuschweifen: Im Rahmen der „Tabata-Studie“ hat sich ergeben, dass das HIIT Training nach eben genau dieser Methode bei voller Auslastung bessere Ergebnisse bezüglich Laktattoleranz und VO2Max ergeben, als bei einem gemäßigten Training.

Ein weiterer Effekt, der HIIT allgemein zugeschrieben wird ist der sogenannte „Nachbrenneffekt“. Bekannt in der Literatur ist er vor allem unter „Excess post-exercise oxygen consumption“ (EPOC). Es ist tatsächlich so, dass nach einem intensiven Training der Kalorienverbrauch noch eine Weile erhöht ist. Wie hoch dieser Effekt ausfällt ist aber von Person und Situation verschieden. Eine unterschiedliche Hormonausschüttung und Körperkerntemperatur kann die Stärke des „Nachbrenneffekts“ bereits deutlich beeinflussen. Insgesamt ist der Effekt jedoch auf die Reparaturen im Körper zurück zu führen. ATP, Hämoglobin und Myoglobin müssen regeneriert werden. Stoffwechselprodukte, die bei der hohen Belastung produziert wurden, müssen abtransportiert werden. Danach folgt die Adaptationsphase. Durch die Reizsetzung werden erhöht Eiweiße verstoffwechselt und eingebaut. Auch das braucht etwas mehr Energie.

Dennoch sollten Sie diesen Effekt nicht überschätzen. 4 Minuten HIIT ersetzen kein Training im GA I und GA II Bereich. Wer wirklich Ausdauer für längere Strecken aufbauen will, muss auch weiterhin lange laufen. Vor allem der aerobe Stoffwechsel und die Verfügbarkeit von Körperfett für sportliche Aktivität wird nur in diesem Bereich effektiv trainiert. HIIT kann aber eine sehr gute Ergänzung, z.B. als Tempotraining sein.

Auch diejenigen, die HIIT zum Abnehmen nutzen wollen, werden vielleicht enttäuscht. Als alleinige Methode ist oft der Umfang der Reize einfach nicht groß genug. Ein gezieltes, ruhigeres Krafttraining führt meist zu höheren Wachstumsreizen und damit zu einem höheren Grundumsatz. Eine Stunde Cardiotraining im guten Tempo verbraucht in der Summe dann doch mehr als 4 Minuten HIIT inklusive Nachbrenneffekt. Aber auch hier gilt: HIIT kann eine optimale Ergänzung sein.

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