Schnell ist es passiert. Kurz angesprintet, kurz abgelenkt und umgeknickt. Fast jeder von uns litt schon einmal an einer Verstauchung mit entsprechender Schwellung. Wenn es um Sportverletzungen geht, gibt es eine sehr bekannte Grundregel – PECH. Dabei geht es nicht darum, einfach Pech zu haben – vielmehr stehen die Buchstaben für eine Empfehlung im Vorgehen bei akuten Verletzungen. P steht dabei für Pause- also einer Unterbrechung der sportlichen Belastung. E, C und H stehen für Maßnahmen, die ein Anschwellen verhindern sollen. C steht dabei für Compression, H für Hochlegen. E steht für Eis – also Kühlung. Dadurch ziehen sich die Gefäße zusammen und die Schwellung wird reduziert. So viel schon einmal vorab: Wenn Sie auf Kühlung setzen, nehmen Sie den Begriff Eis auf keinen Fall wörtlich – denn dieses führt nur zu schlimmeren Schäden durch Verkühlung und lokale Erfrierungen.
Doch ist Kühlung auch auf Dauer eine gute Lösung? Legen wir ein Kühlpack auf unseren geschwollenen Knöchel, tritt unmittelbar eine Schmerzlinderung ein. Dieses positive Gefühl bestätigt uns in der Annahme, unserem Körper etwas Gutes zu tun. Leider ist das gerade bei häufiger Anwendung nicht der Fall. Der Grund für die Schmerzlinderung ist eine Behinderung der Kommunikation zwischen Muskulatur, Haut, weiteren Sensoren und Nerven. Das merken Sie allein schon daran, dass sich Ihre Haut taub anfühlt, wenn Sie das Kühlpack aufgelegt haben. Den gleichen Effekt kennen Sie von einer ganz anderen Situation. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie schwer es ist, den passenden Schlüssel im dunklen zu finden, wenn Ihre Hände im Winter kalt sind?
Leider ergibt sich in diesem Zuge schnell der Trugschluss, dass etwas, das sich gut anfühlt, auch der Heilung dienen muss. Das ist jedoch nicht der Fall. Kühlung sorgt in dem Falle für eine Behandlung der Symptome, aber nicht der Ursache. Das ist ungefähr genauso, als wenn Sie Schmerztabletten gegen einen Splitter im Fuß nehmen, diesen aber nicht entfernen.
Unser Körper ist darauf vorbereitet, sich bei eventuellen Verletzungen selbst heilen zu müssen. Dabei gibt es sogar mehrere spezifische Stufen.
1. Inflammatorische Phase
In der ersten Phase entsteht eine Entzündung. Das Ausmaß einer Verletzung kann man oft ganz gut am Ausmaß der Schwellung einschätzen, denn diese repräsentiert das Ausmaß der inflammatorischen Antwort. Mit Ihrer Verletzung haben Sie für ein ganz schönes Chaos in Ihrem Gelenk gesorgt. Dieses muss aufgeräumt werden, bevor die Reparatur stattfinden kann. Dazu sendet Ihr Körper Immunzellen, speziell die sogenannten Makrophagen an die verletzte Stelle. Innerhalb der ersten 48 Stunden entfernen die Makrophagen üblicherweise den zellulären Müll rund um die verletzte Struktur.
2. Reparaturphase
Auch hier hilft eine zweite Einheit an Makrophagen, die Oberflächenstrukturen für die dritte Phase vorzubereiten. Nähr- und Baustoffe werden an den entsprechenden Stellen benötigt.
3. Remodulationsphase
In dieser Phase erhält die Struktur ihre ursprüngliche Funktion im Optimalfall vollständig zurück. Der Schmerz nimmt ab und es kann wieder vollständig belastet werden.
Wenn Sie – vor allem im Verlauf der ersten 2 Phasen – ständig kühlen, sorgen Sie dafür, dass der Fluss der Makrophagen und Nähr- /Baustoffe ständig unterbrochen bzw. gehemmt ist. Damit verzögert sich oft unnötig die Heilung.
Für eine anhaltende Schwellung ist u.A. auch die Beschädigung des Lymphsystems verantwortlich. Deshalb bekommen besonders Patienten, die in der Belastung eingeschränkt sind, in der Krankengymnastik Lymphdrainage verschrieben. Nicht vergessen dürfen wir dabei, dass natürliche Lymphdrainage durch die Aktivierung unserer Muskulatur geschieht. Durch die kühlungsbedingte Hemmung der Kommunikation zwischen Muskulatur und Nervensystem kann der Abfluss von Lymphflüssigkeit behindert werden. Im Gegenteil sogar – die Fluss kann sich sogar zu einem gewissen Maß umkehren. Diese Tatsache sorgt übrigens auch dafür, dass vollständiges Stilllegen kontraproduktiv ist. Das haben auch Ärzte mittlerweile eingesehen und verordnen eine absolute Stilllegung nur noch bei Knochenbrüchen und ähnlichem.
Kurzfristig kann leichtes Kühlen eine Einblutung in verletztes Gewebe reduzieren. Dauerhaft ist ständiges Kühlen dem Heilungsprozess gegenüber aber kontraproduktiv. Leichte Bewegung und moderate Belastung sind für den Heilungsprozess meist deutlich fördernder.
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