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Mechanik, Struktur und Netzwerkfunktion der Faszien

Dies ist der Artikel Nr. 2 des Sport-Attack Faszienspecials. Alle Artikel des Specials:

Mechanik und Struktur

Faszien sind neben unserem knöchernen Skelett Strukturgeber unseres Körpers. Gerade das flache Bindegewebssystem umhüllt Muskulatur und Organe und verbessert deren Zusammenarbeit. Im Gegensatz zum knöchernen Skelett sind Faszien aber deutlich flexibler. Myers (2004)[1] teilt die Faszien grundsätzlich in 4 verschiedene Leitbahnen ein.

  1.  Oberflächliche Rückenlinie
  2.  Oberflächliche Frontallinie
  3. Lateriallinien
  4. Spirallinien

 

 

Die Spirallinien

Die oberflächliche Frontallinie

Die Laterallinien

Die oberflächliche Rückenlinie

 

 

 

 

 

Faszien übernehmen in unserem Körper zudem eine Vielzahl spezifischer Aufgaben. Paoletti (2001)[2] benannte diese mit Stützfunktion, Trägerfunktion, Schutzfunktion, Stoßdämpferfunktion, Abwehrfunktion, biochemischer Funktion und Funktion für Kommunikation und Austausch. Dabei sind diese Arten der Funktion vor allem mechanischer Struktur. Sei es als mechanische oder chemische Barriere, als Strukturgeber oder Überträger von Kräften. Die Wirkung der Koordination von Bewegungen wird hier auch in erster Linie mechanisch begründet.  So kommt Paoletti (2001) zu dem Umlenkrollenprinzip, das in der Abbildung verdeutlicht ist.

Bildzitat aus: Paoletti, S. (2001). Faszien. München: Urban und Fischer

[1] Myers, T. (2004). Anatomy Trains. München: Urban und Fischer.

[2] Paoletti, S. (2001). Faszien. München: Urban und Fischer.

Kommunikation im Netzwerk

Sind Faszien bloß passive Bindegewebsstrukturen, die ihre Aktivität erst durch die Muskulatur erhalten oder haben sie selbst sensorisch-kommunikative Fähigkeiten? Arbeiten sie lokal oder im Netzwerk? In der Operationstechnik an Ligamenten wird schon seit den 90er Jahren die sensorische Funktion der Faszien berücksichtigt, doch auch Untersuchungen an den flachen Faszienstrukturen (z.B. der Plantarfaszie) haben gezeigt, dass von diesen sensorischer Input ausgeht.[1] Wenn man in Folge des Wissens über die Netzwerkstruktur der Faszien davon ausgeht, dass sensorische Signale, die eine Hemmung von Bewegung bewirken, ganze funktionale Ketten beeinflussen können, kommt man zu dem Schluss, dass die Ursache einer Einschränkung des ROM eines bestimmten Gelenks nicht immer in direkter physiologischer Nachbarschaft zu finden ist.

Das ist insofern besonders interessant, als dass Schleip (2014) in demselben Artikel sogar so weit geht, die Sensibilität faszialen Gewebes aufgrund der Anzahl sensibler Nervenendigungen mit der Sensibilität der Retina zu vergleichen. Auch, wenn die Sensibilität natürlich nicht mit der Effektstärke auf den Dehnungswiderstand gleichzusetzen ist, ist dennoch davon auszugehen, dass die sensorischen Funktionen der Faszien zumindest eine Auswirkung haben und der Dehnwiderstand nicht, wie in der These von Klee (2003), fast ausschließlich durch Strukturen der Muskulatur (Titin) bedingt ist. Die Beschränkung der Ursache der Dehnspannung auf den Dehnungszustand der Titinstruktur oder den Zustand der lokalen Muskelspindeln hätte zur Folge, dass eine Veränderung des ROM eines Gelenks auch nur durch lokale Behandlung herbeizuführen ist.

Die These einer übergreifend zusammenhängenden Kommunikation wird von van der Wal (2014)[2] bestätigt. Er beschreibt dabei seine Untersuchung von 2009, in der alle Mechanorezeptoren einer Ratte untersucht wurden, die in Verbindung mit dem Bindegewebe stehen. Er fand eine Konnektivität zwischen Mechanorezeptoren und Faszienstrukturen und geht deshalb davon aus, dass die seriell angeordneten Muskeln durch den sensorischen Input des Fasziengewebes in ihrer Aktivität beeinflusst werden.

 

 

[1] Schleip, R. (2014). Das Fasziennetzwerk. In R. Schleip et al. (Hrsg.), Lehrbuch Faszien, 56f. München: Urban und Fischer.

[2] Van der Wal, J. (2014). Propriozeption. In R. Schleip et al. (Hrsg.), Lehrbuch Faszien, 58-63. München: Urban und Fischer.