Dieser Beitrag ist wahrscheinlich etwas anders, als das, was Sie sonst auf Sport Attack zu lesen gewohnt sind. Hier geht es nicht um Fakten im Sport, es gibt keine Tipps fürs Training oder ähnliches. Dieser Beitrag soll vielleicht einmal dazu anregen, darüber nachzudenken, warum wir eigentlich Sport machen. Er findet sich zwar im Bereich Sportpsychologie, ist aber vielleicht schon mehr so etwas, wie Sportphilosophie. Deshalb werden hier auch unter Umständen mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet.
Als Aufhänger soll folgendes Zitat von Sokrates gelten, das bereits aus der Zeit etwa 450 – 400 v. Chr. stammt:
Kein Bürger hat ein Recht darauf, ein Amateur in der Frage der körperlichen Ertüchtigung zu sein. Was eine Schande ist es für einen Mann, zu wachsen und zu altern, ohne jemals die Schönheit und Stärke zu erblicken, zu welcher sein Körper in der Lage ist.
Zwar spricht Sokrates hier nur von Männern, aber lässt sich die Aussage nicht heutzutage auf eigentlich jeden übertragen? Ist unser Körper nur unsere Hülle und müssen wir wirklich herausfinden, was damit möglich ist?
Der Mensch hat seinen Erfolg in der Evolution vor allem seinem großen Gehirn zu verdanken. Dieses Gehirn steuert aber längst nicht nur logisches und strategisches Denken, sondern ermöglicht uns auch eine wesentlich bewusstere Kontrolle über unseren Körper. Tiere folgen ihren Instinkten – dabei ist es durchaus beeindruckend, einem Geparden beim Laufen oder einem Wal beim Schwimmen zuzusehen. Auch, wenn uns Tiere in bestimmten natürlichen Fähigkeiten aufgrund Ihrer natürlichen Anatomie überlegen sind, ist doch kein Wesen so flexibel, wie der Mensch. Das liegt vor allem an unserer Lernfähigkeit – in diesem Fall ist damit auch speziell die motorische Lernfähigkeit gemeint.
Denn wir können vor allem eins sehr gut – planend vorausdenken, analysieren, auswerten und anschließend unser Training entsprechend abpassen. Über einen langjährigen Prozess sind wir in der Lage, unserem Körper unglaubliche Fähigkeiten zu verleihen. Alles, was ein gesunder Mensch dazu braucht, ist Disziplin und Durchhaltevermögen – das Ziel immer vor Augen.
Wir haben also dieses besondere Geschenk erhalten, eine Spezies zu sein, die Möglichkeiten hat, ihren Körper zu entfalten, wie keine zweite – sollten wir dieses Geschenk einfach wegwerfen?
Irgendwann wird jeder von uns älter. Unsere Leistungsfähigkeit lässt nach. Mittlerweile wissen wir zwar, dass eine sportliche Betätigung bis ins hohe Alter dabei helfen kann, körperlichen Verfall etwas zu reduzieren, gänzlich können wir uns aber – egal wie viel wir dafür tun – nicht dagegen wehren.
Unser Geist wächst immer weiter. Wenn wir nicht gerade an einer Krankheit, wie z.B. Demenz leiden, erwerben wir mit dem Alter immer mehr Wissen (sofern wir interessiert bleiben und uns nicht dem geistigen Verfall hingeben) und Erfahrung. Der aktuelle Status quo sollte also geistig immer der Höhepunkt unsere Lebens sein.
Anders ist das mit unserem Körper. Irgendwann zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr erreichen wir üblicherweise unser körperliches Leistunghoch. Je nach individueller sportlicher Karriere, kann sich dieses natürlich etwas verschieben. Dann geht es jedoch langsam aber sicher bergab- was natürlich nicht heißt, dass wir nicht in ganz bestimmten Dingen trotzdem noch besser werden können. Wie schade wäre es, den Punkt verpasst zu haben, herauszufinden zu können, zu was Ihr Körper fähig ist? Eine zweite Chance bekommen Sie nicht. Wie schade wäre es, von einem desolaten Fitnesszustand direkt in einen schlechten Gesundheitszustand im Alter überzugehen? Ohne jemals gesagt haben zu können: „Dazu war ich in der Lage!“ Dazu müssen Sie keineswegs Leistungssportler sein, der ganz oben mitspielt – es geht um die individuelle persönliche Leistung. Ganz gleich in welchem Sport.
Und kennen Sie nicht die Geschichten von Vater oder Großvater: „Als wir jung waren, haben wir…“ – wollen Sie lügen müssen, um später gute Geschichten zu erzählen?
Schauen Sie alle 4 Jahre die olympischen Spiele? In wie fern können Sie nachvollziehen, wie sich die Sportler fühlen, die dort stehen, was sie motiviert? Gerade bei den olympischen Spielen können die meisten Spieler von ihrem Sport nicht leben. Die meisten machen den Sport für sich, weil sie es wollen, weil sie das Streben Leistung lieben, weil sie erfahren wollen, was mit ihrem Körper möglich ist. Noch mehr gilt das für andere Sportler, die überhaupt nichts an ihrem Sport verdienen- oder sogar diejenigen, die einen Sport betreiben, der gar keinen Wettkampf gegen andere Sportler vorsieht, deren Sport nur den Kampf mit sich selbst beinhaltet. Wenn Sie Teil des Sports – in irgendeiner Form als Sportler – sind, werden Sie die Bedeutung von solchen Events und Sport für die Gesellschaft allgemein noch viel mehr nachvollziehen können. Vielleicht ist das Ganze dann ja auch mehr als ein mediales Großereignis, bei dem es nur um Geld geht?
Ein über 2000 Jahre altes Zitat und doch irgendwie aktuell? Was Sie letzten Endes mit Ihrem Körper machen, ist ganz allein Ihre Entscheidung – es ist Ihr Leben. Bedenken Sie aber, dass Sie nur eines davon haben – wäre schade, den Höhepunkt zu verpassen, oder?
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