Teilung in Fitness und Gesundheitssport?
Während sich auf der einen Seite der Trend der functional Fitness und des hoch intensiven Trainings weiter ausbreitet, hat auch die Entwicklung vieler sogenannter „Gesundheitsstudios“ und „Gesundheitszentren“ nicht nachgelassen. Als ganz normales Fitnessstudio bezeichnet sich heute kaum jemand mehr – zumindest nicht die kleinen Studios, die immer weiter von den Discountern verdrängt werden. Es muss, um mit einem normalen kleinen Fitnessstudio Geld zu verdienen, schon mindestens „gesundheitsorientiertes Fitnessstudio“ heißen. Denn jemand, dem seine Gesundheit lieb ist, geht doch nicht in ein normales Fitnessstudio, wo nur die Pumper und Bodybuilder auf Kosten Ihrer Gesundheit trainieren.
Ist das wirklich so? Was unterscheidet Gesundheitssport von normalem Fitnesstraining?
Es gibt keinen Unterschied zwischen normalem Fitnesstraining und dem Training im „Gesundheitsstudio“ – zumindest sollte es den nicht geben!
Ein ganz großes Problem von Gesundheitsstudios ist, dass sie oft zu stark darauf bedacht sind, ihre Kunden nicht zu überlasten oder gar motorisch zu überfordern. Auf keinen Fall wollen sie sie dazu zwingen, Bewegungen erlernen zu müssen und darin Zeit zu investieren. Vielmehr versuchen sie, ihren Kunden möglichst hoch technisiertes, modernes Training an Geräten zu vermitteln, die etwa den koordinativen Anspruch des Benutzens einer Türklinke haben. Komfort eben. Dazu kommen dann speziell entwickelte, patentierte Diätprogramme, die sich die Studios natürlich gut bezahlen lassen. So stimmt also die Ernährung und das Training ist dank modernster Technik so einfach und effizient wie nie- und das ganz gemütlich, ohne unsere Komfortzone zu verlassen. Schade nur, dass das ein Trugschluss ist.
Warum klassische Fitness der beste Gesundheitssport ist!
Vorab sei gesagt: Es gibt immer individuelle Einschränkungen, die dafür sorgen, dass ein intensiveres Training nicht möglich ist oder aber, dass gewisse Übungen einfach nicht mehr ausführbar sind, grundsätzlich gilt aber: Ganz normales Fitnesstraining – und zwar in seiner komplexen Form – ist der beste Gesundheitssport. Da brauch es keinen Hightech Schnickschnack.
Intensität
Eine gewisse Intensität beim Training ist einfach notwendig. Das ist eins der wichtigsten Trainingsprinzipien. Wenn Sie ein eher gesundheitlich orientiertes Ziel ansteuern, müssen Sie zwar nicht darauf aus sein, möglichst viel Gewicht zu bewegen, trotzdem ist ein überschwelliger Reiz und regelmäßige Steigerung wichtig – sonst findet keine Adaption statt: Sie trainieren nicht. Vielen Gesundheitsstudios fällt es schwer, ihren Kunden diese Tatsache zu vermitteln- Ihre Kunden treten auf der Stelle, oft ohne es zu realisieren.
Komplexe Übungen
Klassisches Krafttraining/klassischer Kraftsport beinhaltet immer komplexe Übungen, die viele Gelenke gleichzeitig bewegen, natürliche Bewegungen simulieren und koordinativ anspruchsvoll sind. Wir wollen hier übrigens bei dem Begriff „Krafttraining“ bleiben, auch wenn es in diesem Artikel um Gesundheitssport geht – Studiobetreiber verwenden diesen Begriff ungern, da er in den Köpfen von Nichtsportlern eher Bilder von z.B. olympischen Gewichtheben hervorruft. Sie verwenden oft gerne den Begriff Muskeltraining, Muskelkräftigung oder gar etwas spezifisches wie Rückenstabilisierung.
Die komplexen Übungen zu erlernen ist besonders wichtig – für eigentlich jeden Sportler – und Nichtsportler! Diese Übungen sorgen dafür, dass wir uns gesündere Bewegungsmuster im Alltag aneignen und fördern die intermuskuläre Koordination. Ihre Muskeln arbeiten besser zusammen und entlasten passive Strukturen. Außerdem können Sie die gewonnene Kraft auch im Alltag besser einsetzen.
Ein kleines Beispiel aus dem Alltag:
Ein paar Bierkisten sollen ihren Weg in den Kofferraum des Autos finden.
Sie haben Ihren Rücken an ganz speziellen Maschinen gekräftigt, die es bei Ihnen im Gesundheitsstudio gibt. Bei der natürlichen Bewegung des Hebens können Sie aber keine Analogien zu irgendwelchen Übungen feststellen. Auch arbeiten Ihre Muskeln nicht optimal zusammen. Auch die Propriorezeptoren und kleinere stabilisierende Muskeln sind nicht so gut trainiert. Durch fehlerhafte Technik und mangelnde intermuskuläre Koordination kommt es trotz gekräftigter Rückenmuskulatur eventuell zur Überlastung. Haben Sie aber z.B. durch Kreuzheben korrektes Heben gelernt, wird das Gewicht einer Bierkiste kein Problem für Sie darstellen. Durch korrektes Arbeiten der Muskelketten reduziert sich die Belastung der Wirbelsäule deutlich.
Was ist also letzten Endes Gesundheitssport?
Gesundheitssport und Fitnesstraining zu trennen ist also letzen Endes einfach Unsinn und verleitet oft dazu, auf viele Dinge im Training zu verzichten, die aber für eine gute Gesundheit besonders wichtig sind. Fitnesstraining ist eben dann gesund, wenn es individuell angepasst wird – Das bedeutet, dass es an die individuellen Fähigkeiten angepasst ist. Beachten Sie in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Wortes Fähigkeiten und verwechseln Sie sie nicht mit dem Wort Fertigkeiten. Auch wenn Sie z.B. jetzt noch nicht in der Lage sind, bestimmte komplexe Übungen durchzuführen (die Fertigkeit noch nicht erworben haben), haben Sie trotzdem die Fähigkeit dazu – Sie können es lernen. Das kostet etwas Zeit, aber die sollten Sie sich nehmen.
Am Ende gibt es also keinen Unterschied zwischen Fitness und Gesundheitssport im Fitnessstudio. Ungesund wird jeder Sport, wenn er zum Leistungssport wird – das ist ganz normal. Die Grenze ist hier schwimmend. Wo das gesunde Training aufhört und der Leistungssport anfängt, lässt sich nur schwer messen. Genauso gilt aber auch, dass ohne ein gewisses Mindestmaß an Intensität kein Sport echte Effekte hervorruft.