Sport und Gehirn – Macht Sport schlau?
Viel Muskeln und nichts im Kopf. Wer seine Zeit im Fitnessstudio, auf dem Sportplatz oder in der Sporthalle anstelle in der Bibliothek mit Bücherwälzen verbringt, muss doch einfach weniger im Kopf haben. Lange Zeit war diese Annahme die dominierende Haltung bei der gemeinsamen Betrachtung von kognitiver Leistung und Sport. Mit der zunehmenden Bedeutung der Crossover-Wissenschaft Sportwissenschaft kommen an dieser Ansicht aber immer mehr Zweifel auf. Das gilt vor allem, seit die Forschung erkannt hat, dass zwischen Körper und Geist signifikante zusammenhänge herrschen. Haben früher Kognitionsforscher nur den Teil über den Schultern und Sportwissenschaftler alles ab den Schultern abwärts untersucht, kommt es immer mehr zur gemeinsamen Zusammenarbeit, um den Menschen letzten Endes als ganzes zu erfassen. Viele haben das schon früh erkannt, es nur nie wirklich begründen können, denn wer kennt den Spruch nicht?: „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“ Doch was kann Sport alles mit unseren kognitiven Leistungen anstellen? Und vor allem wie und warum?
Bewegung führt zum Hirnwachstum! Und das ist messbar!
Der Hippocampus ist ein Teil unseres Gehirns, der besonders wichtig für die Überführung von Inhalten von Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis ist. Im Grunde also das, was wir langfristig als „lernen“ bezeichnen. Bei Erwachsenen baut sich jedes Jahr ungefähr 1-2% des Hippocampus ab. Dabei verschwindet die graue Substanz – das bedeutet, dass Nervenzellen verschwinden und sich das Volumen des Gehirnbereichs verringert. Dieser degenerative Vorgang betrifft auch andere Teile des Gehirns. Unsere Großhirnrinde verliert z.B. im Laufe unseres Lebens etwa 1/6 an Volumen.
Studien an älteren Menschen zeigen, dass dieser Prozess aber tatsächlich reversibel ist. In dem Versuch wurden 60 Menschen im Alter von etwa 60 Jahren, die sich bisher kaum bewusst aktiv bewegt haben, täglich 40 Minuten zügig Spazierengehen geschickt. Im Schnitt war nach einem Jahr eine Vergrößerung des Hippocampus um 2% zu verzeichnen. Bedenkt man, dass in dieser Zeit ein weiteres Jahr vergangen ist, stellt man fest, dass der Degenerationsprozess nicht nur aufgehalten oder verlangsamt wurde, sondern, dass er sogar bis zu einem gewissen Grad umkehrbar ist – In diesem Fall sogar um 2 Jahre.
Interessant ist dies vor allem, da es hierbei nicht einmal um motorisch anspruchsvolle Aufgaben, sondern um einfache Bewegung zur Aktivierung des Herz- Kreislaufsystems ging.
PGC-1a1 – Das Protein hinter dem Hirnwachstum
Das Protein PGC-1a1 wird auch als Ausdauerfaktor bezeichnet. Es ist ein Protein, das besonders intensiv bei einer Ausdauerbelastung der Muskulatur ausgeschüttet wird. Doch nicht nur das: Dieses Protein sorgt wohl auch für eine höhere Stressresistenz und psychische Belastbarkeit. Wohl ein Grund unter vielen dafür, warum Sportlern der Alltag oft leichter von der Hand geht. Dahinter steckt wohl wieder einmal die Evolution. Längst hat der Mensch nicht mehr die Menge an Muskelmasse, die der Urmensch einst aufbrachte – Unser Gehirn verbraucht mit 2% des Körpergewichts bis zu 20% unserer gesamten Energie. Und es muss permanent versorgt werden, denn im Gegensatz zu anderen Verbrauchern in unserem Körper kann unser Hirn einzig mit Glucose etwas anfangen. Die Bewegung und unser evolviertes Gehirn scheinen also wohl Hand in Hand zu spielen. Mittlerweile gibt es unzählige Studien, die das bestätigen. So sinkt mit steigender körperlicher Aktivität nicht nur das Risiko für klassische Herz- Kreislauferkrankungen und Diabetes, sondern auch das Risiko für neuronale Krankheiten wie Demenz.
Am Ende Spielt im Sport alles zusammen
Allein Ausdauertraining reicht für eine gute körperlich-geistige Gesundheit wohl leider nicht aus. Den meisten Studien zufolge bedarf es hier sowieso auch gar nicht der Belastung eines Marathonlaufs. Leichte Belastungen reichen hier schon für gute Ergebnisse aus. Was im Gegenzug natürlich nicht bedeutet, dass man sich keine persönlichen Ziele setzen dürfe. Denn höhere Leistungsfähigkeit resultiert meist in einer höheren allgemeinen Zufriedenheit, die sich wiederum positiv auf die Gesundheit auswirkt.
Besonders wichtig ist aber auch, stets das sensomotorische System zu trainieren. Sowohl im jungen, als auch im hohen alter. Im jungen Alter reduzieren Sie das Risiko von Sportverletzungen. Selbes gilt natürlich auch für Sporttreibende im hohen Alter. Für ältere Menschen steigt aber erfahrungsgemäß auch die Verletzungsrate im Alltag – dieses Risiko kann deutlich vermindert werden. Gleichzeitig wird die Substanz des Kleinhirns, das für motorische Anforderungen verantwortlich, ist vor Degeneration geschützt. „Lever leave the playground“ – hier zum Sport-Attack Artikel dazu.
Nicht zuletzt macht natürlich auch das Krafttraining Sinn, denn Muskelkraft ist eine Voraussetzung für die Durchführung motorischer Aufgaben. Wenn der beste Computer der Welt einen stümperhaft gefertigten Roboter von niedriger Qualität bedienen soll, wird auch nicht viel dabei herumkommen.