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Schnellkrafttraining

 

Das Training der Schnellkraft ist von besonderer Bedeutung für viele Sportarten. Obwohl die Muskelmasse und Maximalkraft durchaus einen Einfluss auf die Entwicklung der Schnellkraft haben, ist es mit einfachem unspezifischen Training im Fitnessstudio nicht getan, wenn man echte Erfolge haben will. Das Training zur Optimierung der Schnellkraft ist hoch spezifisch und sollte auf die jeweiligen individuellen Ausgangsbedingungen abgestimmt sein(sogenannte „Response Matrix“) . Dieser Artikel kann und soll Ihnen also nur dabei helfen, Ihr eigenes Training oder das Ihrer Schützlinge optimal zu gestalten. Dabei wären wir auch schon bei dem ersten Punkt.

Spezifität der Übungen

Im Vordergrund sollte stets die Wettkampfübung stehen – oder eine Übung die dieser möglichst nahe kommt. Schnellkraft ist das Resultat optimal aufeinander abgestimmter inter- und intramuskulärer Koordination. Besonders die intermuskuläre Koordination ist von spezifischer Ausprägung. Ihr Kleinhirn speichert eingeschliffene Bewegungsabläufe als „kompaktes Programm“ ab. Je spezifischer Sie trainieren, desto eher wird das Programm ohne nötige kleine Korrekturmaßnahmen gespeichert – Die Bewegungseffizienz und damit auch die Schnellkraft steigt.

Wann Schnellkrafttraining?

Schnellkrafttraining beinhaltet aufgrund des oft ballistischen Umgangs mit Gewichten ein erhöhtes Verletzungsrisiko, wenn Fehler bei der Bewegung gemacht werden. Schnellkrafttraining sollte daher nur aufgewärmt und bei hoher Konzentration am Anfang des Trainings durchgeführt werden.

Maximalkraft- ,Explosivkraft- oder Geschwindigkeitsdefizit?

Schnellkraft ist so gesehen eigentlich keine eigene Kraftgröße. Das, was wir letzten Endes subjektiv als Schnellkraft betrachten ist das Verhältnis von Beschleunigung und Endgeschwindigkeit. Gute Schnellkraft bezeichnet also eine hohe Endgeschwindigkeit, die in kurzer Zeit erreicht wird.

Physikalisch gesehen handelt es sich um eine beschleunigte Bewegung, beschrieben durch:

F= m*a bzw. a= f/m

Die erreichte Endgeschwindigkeit ergibt sich theoretisch über die Zeit, in der die Beschleunigung wirken kann:

v= 1/2at²

a= Beschleunigung, F= Kraft, v= Geschwindigkeit m= Masse

Zu erkennen ist also, dass die Maximalkraft überhaupt erst die Grundlage dafür ist, Schnellkraft entwickeln zu können. Die oben angegebene Formel gilt aber eigentlich nur für gleichförmig beschleunigte Bewegungen. Die tatsächlich wirksame Beschleunigung ist daher außer von der Maximalkraft auch von der Explosivkraft – also wie lange es dauert, bis die Kontraktion eintritt und wie schnell die Kraftkurve durch Summation der kontrahierenden Sarkomere ansteigt – und der potentiellen Kontraktionsgeschwindigkeit des Muskels abhängig.

Defizite erkennen und beseitigen

Deshalb ist es wichtig, das persönliche Defizit zu erkennen. Während ein Maximalkraftdefizit ganz einfach daran zu erkennen ist, dass Sie nur verhältnismäßig leichte Gewichte bewegen können, wird es bei der Erkennung von Explosivkraft- und Geschwindigkeitsdefiziten schon schwerer. Es folgen Tipps zur Erkennung und Beseitigung von Defiziten:

Maximalkraft

Als Grundlage für die Schnellkraft sollte ein Training der Maximalkraft zentrales Element bei der Entwicklung von Schnellkraft sein. Aber auch die Maximalkraft selbst erfordert ein gewisses Maß an Hypertrophie als Grundlage. Hier ist ein geschultes Trainerauge gefragt. Ein schlanker Basketballspieler z.B. sollte vorerst etwas Hypertrophietraining betreiben, um eine solide Grundlage für das Maximalkrafttraining zu schaffen. Ist der BMI allerdings schon bei 25 oder höher, sollte eher auf Hypertrophie spezifisches Training verzichtet werden und direkt übungsspezifisch mit einer Wiederholungszahl von 1-4 Wiederholungen mit langen Pausen(bis zu 3-5 Min.) gearbeitet werden. – ein ansonsten erhöhtes Körpergewicht könnte die sportliche Leistung reduzieren. Kombinieren Sie dabei die Zielübungen mit ähnlichen Varianten dieser – Kreativität ist gefragt!

Explosivkraft

Ein Explosivkraftdefizit erkennen Sie daran, dass im ersten Moment wenig passiert und es zu lange dauert, bis sich die Kraft entwickelt hat und die Beschleunigung beginnt. Kugelstoßer erkennen das z.B. daran, wenn Sie mit einer schwereren Kugel auf einmal überhaupt keine Beschleunigung mehr aufbauen können, während sie mit einer leichteren Kugel überdurchschnittlich weit kommen. (Natürlich kommen Sie mit einer leichten Kugel weiter, als Vergleich gilt hier nicht die eigene Weite mit anderem Gewicht, sondern die Weite anderer Sportler mit dem selben Gewicht.) Als Kampfsportler erkennen Sie dieses Defizit z.B. wenn Sie im ersten Moment oft das Gefühl haben, nicht von der Stelle zu kommen.

Als Training empfiehlt sich hier ein Gewichtstraining mit schwererem Gewicht als im Wettkampf, bzw. allgemein das Training mit schwerem Gewicht. Versuchen Sie dabei das Gewicht maximal schnell zu bewegen. Das Gewicht sollte so schnell schwer gewählt werden, dass die Bewegung letzten Endes aber nicht schnell durchführbar ist.

Geschwindigkeit

Ist der erste Totpunkt erst einmal überwunden, gilt es, die Beschleunigung möglichst aufrecht zu erhalten oder noch zu erhöhen. Folge sollte eine möglichst hohe Endgeschwindigkeit der Gliedmaße sein. Ein Kugelstoßer erkennen ein Defizit in der Bewegungsgeschwindigkeit oft daran, wenn er auch mit einer leichten Kugel nicht großartig weiter kommt, als mit der schweren. Bei einem Kampfsportler erkennt man ein Geschwindigkeitsdefizit an einer insgesamt über die ganze Bewegung zu langsamen Ausführung.

Hier empfiehlt sich ein kombiniertes Training. Ein Krafttraining mit hohen Lasten und versuchter hoher aber tatsächlich geringer Geschwindigkeit (s.o.) wirkt sich nämlich neben der Explosivkraft auch positiv auf die Gelenkwinkelgeschwindigkeit bei hohen Lasten aus. Um bei niedrigen Lasten schnell zu sein, empfiehlt sich aber ein Training mit sehr schnellen Bewegungen (Schnell bedeutet nicht unkontrolliert(!)). Kampfsportler mit Geschwindigkeitsdefizit trainieren also mit verhältnismäßig wenig Gewicht und maximal schnellen Wiederholungen. Wenig Gewicht(oder auch anderer Widerstand, z.B. Theraband) bedeutet aber beim Thema Schnellkrafttraining nicht(!), dass dieses so gering gewählt wird, dass das Training im einem Kraftausdauertraining resultiert.

Trainingstipp: Dehnungs- Verkürzungszyklus mit einbeziehen.

Natürlichen schnellkräftigen Bewegungen geht meistens eine kurze Dehnphase des Muskels voraus. Beobachten Sie sich doch einmal beim Springen. Bevor Sie die Knie strecken, lassen Sie sich üblicherweise erst einmal schnell in die Beuge senken. Diese Art von Bewegung bezeichnet einen Dehnungs- Verkürzungszyklus. Im klassischem Training wird aus gutem Grund davon abgeraten, eine derartige Gegenbewegung zum „Schwung holen“ auszuführen – das hat den Hintergrund, dass das klassische Training im Studio üblicherweise nicht sportartspezifisch ausgelegt ist und die meisten Anfänger sich ohne Hintergrundwissen eher schaden. Übungen mit aktivem Dehnungs- Verkürzungszyklus müssen gezielt gelernt werden – bitte nutzen Sie diese Tatsache nicht als Ausrede zum Abfälschen.