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Herzfrequenzkontrolle – Wie die Pulsuhr das Training sabotiert

Die Pulsuhr ist zum besten Freund des Läufers geworden. Sie sorgt dafür, dass er sich stets im optimalen Belastungsbereich befindet und warnt ihn, wenn er sich überlastet, damit das Tempo wieder reduziert werden kann und die gewünschte Belastung aufrecht erhalten wird.

Andere wiederum verzichten gerne auf die Pulsuhr, hören auf ihr persönliches Belastungsempfinden. Bereits in dem Artikel „Ausdauertraining – mit oder ohne Pulsuhr“ sind wir darauf eingegangen, dass eine Pulsuhr durchaus Sinn machen kann, wenn man z.B. durch eine Spiroergometrie seine Belastungszonen genau kennt. Ein solches, an Belastungszonen orientiertes Training, bringt aber auch einige Probleme mit sich. Das fängt schon damit an, dass wir die realen Belastungszonen eigentlich gar nicht kennen.

Fausformeln und Richtwerte

Grundsätzlich geht man als Richtwert von den folgenden Bereichen der Herzfrequenz aus. Die relativen Werte beziehen sich auf die individuelle maximale Herzfrequenz.

50-60% – gesundheitlich orientierter Bereich für Anfänger. Auch für Regenerationsläufe ist dieser Bereich gut geeignet.

60-70% – Fettstoffwechseltraining: In diesem Bereich werden relativ betrachtet am meisten Kalorien aus Fettzellen für die Energiegewinnung verwendet. Training in diesem Bereich ist übrigens nicht der beste Weg zum Abnehmen, wie man vielleicht annehmen könnte. Der Kalorienverbrauch in den intensiveren Trainingsbereichen ist deutlich höher.

70-80% – aerobe Zone: Die Verwendung von Fett als Energielieferant reduziert sich etwas und es werden mehr Kohlenhydrate zur Energiegewinnung genutzt. Die aerobe Schwelle kann hier schon erreicht sein. Laktat Auf- und Abbau stehen aber noch im Gleichgewicht.

80-90% – anaerobe Zone: Die Sauerstoffzufuhr reicht nicht aus, um genügend Energie für die Bewegung zu liefern. Die Milchsäuregärung der Muskelzellen produziert mehr Laktat, als abgebaut werden kann. Diese Leistung kann nicht sehr lange aufrecht erhalten werden.

90-100% – Rote Zone, dieser Bereich ist für Anfänger eher nicht zu empfehlen, er stellt aber eigentlich nichts anderes als einen intensiveren Bereich der anaeroben Zone dar. Erreicht wird dieser Bereicht zeitweise z.B. durch hoch intensives Intervalltraining. (Z.b. Tabata)

Die individuelle maximale Herzfrequenz

Der Faustformel nach berechnet sich die maximale Herzfrequenz folgendermaßen:

Männer: 220-Lebensalter

Frauen: 226- Lebensalter

Es gibt aber teils enorme individuelle Unterschiede. Ohne einen echten Test zur Ermittlung der maximalen Herzfrequenz sollten Sie sich keinesfalls auf diese Faustformeln verlassen.

An dieser Stelle haben wir eigentlich schon das erste Problem. Wenn Sie zu der Gruppe von Personen gehören, bei denen der reale Wert von der Faustformel stark abweicht und Sie keinen entsprechenden Test durchgeführt haben, führt das Training mit der Pulsuhr unter Umständen dazu, dass Sie in einem völlig falschen Bereich trainieren, der überhaupt nicht Ihrer Zielsetzung entspricht.

Geländeläufe fordern den Stoffwechsel umfassend

Ein längerer Lauf durch das Gelände fordert, vor allem in bergigen Regionen, Ihren Stoffwechsel besonders umfassend. Durch die wechselnden Belastungen bei Anstiegen und geraden Stücken und wechselndem Tempo werden je nach Intensität das Trainings nahezu alle Herzfrequenzbereiche gefordert. Damit wird sowohl die Grundlagenausdauer gefördert (60-80% der maximalen Herzfrequenz), sowie der Laktatstoffwechsel trainiert.

Viele Pulsuhren sind aber so voreingestellt, dass sie beim Verlassen der aeroben Zone bereits ein Warnsignal von sich geben, sodass der Trainierende sein Tempo reduziert. Die eigentlich natürlich auftretende erhöhte Belastung beim Erklimmen einer Steigung wird soweit reduziert, dass der Laktatstoffwechsel nur unzureichend trainiert wird. Wird ständig nur in diesem einen Bereich trainiert, wie es oft der Fall ist, kommt es schnell zu Einbußen in der allgemeinen Leistungsfähigkeit.

Für Anfänger macht eine Überlastungswarnung vielleicht noch Sinn – diese können sich nämlich häufig nur sehr schlecht einschätzen – Fortgeschrittene sollten aber bewusst darauf verzichten, sofern sie ein entsprechendes Körpergefühl und Belastungsempfinden entwickelt haben.

Pulsuhren sind für HIIT unbrauchbar

Viele Studien betätigen mittlerweile, dass HIIT(hoch intensives Intervalltraining) sowohl aerobe Kapazität, sowie den Laktatstoffwechsel und somit die Leistung des Herzkreislaufsystems stärker erhöht, als ein moderates Ausdauertraining. (Am effektivsten für die Gesamtleistungsfähigkeit scheint wohl bisher eine Kombination aus beidem zu sein). Für ein Training dieser Art ist eine Pulsuhr völlig unbrauchbar. Dieses Training bringt Sie eben an Ihre individuelle Grenze. Gerade bei besonders kurzen und intensiven Intervallen, erfolgt die Belastung eben nicht exakt zeitlich synchron mit der Steigerung der Herzfrequenz.

Fazit

Möchte man Defizite in einen ganz bestimmten Bereich ausbessern, z.B. den Fettstoffwechsel für eine bessere Leistung im Marathon trainieren, kann es durchaus Sinn machen, eine Pulsuhr zu verwenden und in exakt diesem Bereich zu trainieren. Für den Allround Athleten macht es aber wenig Sinn, sich auf eine spezielle Herzfrequenz während des Laufens festzunageln. Trotzdem kann es sinnvoll sein, den Verlauf der Herzfrequenz aufzuzeichnen, um Fortschritte dokumentieren zu können. Je mehr objektive Leistung (mehr Strecke) Sie bei gleicher Herzfrequenz in der gleichen Zeit schaffen, desto besser ist Ihr Leistungslevel geworden. Da eine Pulsuhr diesen Sachverhalt völlig objektiv wiedergibt, kann sie durchaus auch als Motivator dienen, da sie Erfolge aufzeigt.

Nutzen Sie die Pulsuhr also als sinnvolles Kontrollinstrument, lassen Sie sich aber Ihr Training nicht sabotieren, indem Sie ständig in immer dem selben Trainingsbereich trainieren.