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Die sportliche Spaltung der Gesellschaft

Immer mehr Bürger unserer Bevölkerung haben mit Übergewicht, Bewegungsmangel und daraus resultierenden Krankheitsbildern zu kämpfen. Zwar erreichen wir hier in Deutschland nicht ganz das Potential an krankhaft Übergewichtigen, wie z.B. in den USA, trotzdem sind über 40% der Deutschen übergewichtig, darunter mehr als 15% mit krankhaften Übergewicht.(lt. statischem Bundesamt)

Auf der anderen Seite boomen Extremsportveranstaltungen wie z.B. Hindernisrennen. Die Kassen der Fitnessclubs und der Nahrungsergänzungsmittelhersteller klingeln.

Auf irgendeine Art und Weise scheint die Gesellschaft zweigeteilt. Gibt es nur noch die Extremen? Was ist mit der goldenen Mitte geworden? Gibt es nur noch absolute Sportfreaks und Sportmuffel?

Entwicklung im Leistungssport

Wichtig ist erst einmal, dass wir verstehen, was Leistungssport ist. Als Leistungssportler gelten Sie nicht erst, wenn Sie sich für Olympia qualifiziert haben oder für Ihren Sport bezahlt werden, sondern sobald Sie den Sport mit dem Ziel ausüben, Ihre Leistung für Wettkämpfe zu optimieren. Natürlich stecken Sie dann ein entsprechendes Arbeitspensum in den Sport.

Fakt ist: Das Niveau hat sich, egal ob auf Bezirks- Bundes- oder weltweiter Ebene drastisch erhöht. Mannschaften, die damals in der Bundesliga spielten, hätten wohl heutzutage in der Bezirksklasse Probleme. Am deutlichsten sieht man das wohl in den Individualsportarten, wie z.B. dem Turnen.

Ein Beispiel:

München Olympia 1972 – Das Männer Finale – Sprungpferd

London Olympia 2012 – Das Männer Finale – Sprungtisch 

Natürlich hat sich auch die Qualität des Equipments verbessert, trotzdem ist der Leistungssport anspruchsvoller geworden. Diese Entwicklung gilt nicht nur für das olympische Niveau, sondern zieht sich bis in die Kreisklasse.

Ein so gesteigertes Niveau führt dazu, dass sich nur noch ein kleiner Teil der sportlichen Elite auf Wettkämpfen misst – für den Rest ist der Leistungssport uninteressant geworden – sie können nicht mithalten.

Schulunterricht gibt die Impulse zur sportlichen Entwicklung

Auch, wenn Kinder und Jugendliche von ihren Eltern nicht sportlich gefördert werden, kommen sie doch zwangsweise im Schulunterricht mit Sport in Kontakt. Allzu selten besteht der Sportunterricht aber in dem Erwerb von sportmotorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern es wird vielmehr einfach bewertet, wie gut die sportlichen Anlagen des Kindes/des Jugendlichen sind und wie gut seine sportliche Entwicklung bereits durch seine Freizeitaktivität voran geschritten ist. Die wichtigste Funktion des Sportunterrichts geht dabei aber verloren: Die Schüler langfristig für einen aktiven Lebensstil motivieren.

Denn genau das oben angesprochene Phänomen bei der Entwicklung des Leistungssports tritt auch beim klassischen Schulsport auf. Einige Schüler können einfach nicht mithalten und verlieren ihre Motivation. Sport wird für sie nur zum Spiegel, der ihnen ihre Unfähigkeit vorhält – Das kann die Einstellung zum Sport im ganzen späteren Leben prägen.

An dieser Stelle sei gesagt, dass die Abschaffung der Bewertung des Faches Sport (wie oft gefordert) keineswegs eine Lösung ist. Eine entsprechende (erreichbare!) gute Note kann durchaus eine gute Motivation für das Fach Sport sein. Außerdem gibt es mittlerweile viele Berufe, bei denen eine gewisse sportliche Leistungs- und Lernfähigkeit gefragt ist und die Sportnote sollte eben das repräsentieren. Wichtig ist aber, dass der Unterricht vielseitig gestaltet wird. Der Mensch ist von Natur aus für viel Bewegung ausgelegt. Jeder hat aber ein individuelles Bewegungstalent. Konzentriert sich der Unterricht zu sehr auf eine Sportart (häufig Fußball), gehen diejenigen unter, denen diese Sportart nicht besonders liegt – unter Umständen wird ein Talent für eine ganz bestimmte Art der Bewegung nie entdeckt und derjenige oder diejenige verliert gänzlich das Interesse an jeder Art von Sport. „Sport ist nichts für mich“ und „Ich bin halt unsportlich, na und?“ sind die Aussagen, die sich dann da raus entwickeln.

Lifestyle oder dem Medienhype nachjagen?

Für einen Teil der Gesellschaft ist Sport ein Teil ihres Lifestyles. Sie lieben die Aktivität, das Meistern von Herausforderungen und vor allem, sich dabei immer wieder selbst zu übertreffen. Den entsprechenden sportlichen Body und die Vorteile der körperlichen Leistungsfähigkeit gibt es dann als Bonus oben drauf. Meist sind das diejenigen, die bereits in ihrer Jugend positive Erfahrungen mit Sport gemacht haben – sei es im Verein oder in der Schule. Für diejenigen ist der Sport ein Selbstzweck.

Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die den Vorbildern aus dem Medien nacheifern. Sport sehen Sie als Mittel zum Zweck, Spaß finden sie daran nicht wirklich – das haben sie schon in ihrer Jugend nicht gehabt. Manchmal bleiben sie am Ball, weil die Erfolge des Trainings sie motivieren, die meisten geben aber irgendwann auf – und landen in denen am Anfang genannten 40% der Gesellschaft, weil sie die surrealen Ziele, ihren Vorbildern gleich zu kommen nicht erreichen und der Weg, den sie nicht als Selbstzweck verstehen, zu steinig ist.